Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen

ENTLASTA - Entwurfselemente und Netze für Lastenräder im Stadtverkehr

Eckdaten zum Projekt:

Förderer: Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)

Laufzeit: 09/2020 bis 03/2025

Projektleiter/-bearbeiter: Univ.-Prof. Dr.-Ing. Jürgen Gerlach, Mareike Hasenburg, M. Sc., Dipl.-Ing. Tanja Leven, Felix Franke, M. Sc. (ehem.)

Kurzbeschreibung des Projektes:

Lastenräder gewinnen im Stadtverkehr, sowohl im Güter- als auch im Personenverkehr, eine höhere Bedeutung. Bei der Fortschreibung des NRVP beruft sich das BMVI auf Untersuchungen, dass etwa 20 % des städtischen Güterverkehrs durch Lastenräder abgewickelt werden kann. Vielerorts fördert die öffentliche Hand deshalb die Anschaffung von Lastenrädern, sowohl für die private als auch für die gewerbliche Nutzung.

Inzwischen sind viele Lastenradmodelle am Markt verfügbar. Neben Kleinlasträdern (KLR) (bspw. Lastenräder zum Kindertransport und Gütertransporträder mit einer Nutzlast von unter 150 kg) werden Schwerlasträder (SLR) angeboten, die Nutzlasten von über 150 kg und ein Ladevolumen von über 1 m³ zulassen. Für diese Fahrräder ist eine batterieelektrische Unterstützung heute Standard. Die Varianz von Fahrdynamik und Maßen innerhalb der Fahrradflotte nehmen deshalb zu. Verschiedene Fahrräder haben allerdings unterschiedliche Anforderungen an die Radverkehrsinfrastruktur. Fahrradverkehre werden zudem zukünftig vermehrt auch mit Wegzwecken auftreten, für die sie bisher nur selten infrage gekommen sind.

Städte stehen deshalb vor der Herausforderung, ihre Radverkehrsinfrastruktur auf diese Entwicklungen hin zu überprüfen, auszurichten und auszubauen, um für alle Verkehrsteilnehmenden funktionale und verkehrssichere Voraussetzungen zu schaffen.

Um dies zu ermöglichen, werden im Projekt ENTLASTA

  • die Planungsverfahren für das gesamte Radverkehrsnetz überprüft und weiterentwickelt, um eine harmonisierte Netzplanung für alle relevanten Fahrtzwecke des Radverkehrs sicherzustellen und
  • die Radinfrastrukturanlagen auf die Anforderungen von Schwerlasträdern und Kleinlasträdern überprüft, bewertet und Gestaltungsempfehlungen abgegeben.

Ziel ist es, die Nutzung des Lastenrades sowohl im Wirtschaftsverkehr als auch im Alltagsverkehr für alle Verkehrsteilnehmenden verträglich, konfliktfrei und sicher zu gestalten und den Lastenradnutzenden eine funktionale, komfortable und sichere Nutzung zu ermöglichen.

Netzplanung und Infrastruktur beeinflussen sich wechselseitig. Einerseits beeinflussen nicht änderbare Restriktionen aus der bestehenden Radinfrastruktur die Routenbildung in der Netzplanung. Andererseits erfolgt ein strategischer Ausbau der Radinfrastruktur auf der Grundlage dieser Netzplanung, die funktional gegliedert ist und somit eine Priorisierung beim Ausbau ermöglicht.

Güterradverkehre sind vielfältig und die planungsrelevanten Verhaltensparameter abhängig von den eingesetzten Fahrrädern und der räumlichen Verteilung der Quell- und Zielorte. Diese für die relevanten Branchen aufzubereiten ist Aufgabe des Projekts ENTLASTA. Es sollen verbindungsbezogene Qualitätsstandards (Stufen der Angebotsqualität beispielsweise in Bezug auf Umwegfaktoren, Luftliniengeschwindigkeiten und Längsneigungen) erarbeitet werden, die bei der Netzplanung im Radverkehr zu berücksichtigen sind. Das weiterentwickelte Netzplanungsverfahren wird in drei Städten exemplarisch in Kooperation mit den Stadtverwaltungen angewendet, um eine starke Praxisnähe zu gewährleisten.

Planungsvorgaben für Infrastrukturelemente und Führungsformen des Radverkehrs werden im Projekt auf ihre Eignung für Kleinlasträder und Schwerlasträder überprüft und bewertet. Einige Infrastrukturelemente und Führungsformen des Radverkehrs (z. B. Einbahnstraßen mit Freigabe für den gegenläufigen Radverkehr, gemeinsame Geh- und Radwege, Mittelinseln) lassen sich insbesondere mit Schwerlasträdern nur mit Konflikten und Sicherheitsbedenken befahren. Insbesondere bei zu geringen Breiten auch in Kombination mit einem schlechten Oberflächenzustand können einige Infrastrukturelemente Konflikte mit Fußgängern und anderen Radfahrern begünstigen.

Die ermittelten Anforderungen an die Netzkonzeption und die einzelnen Entwurfselemente werden zu konkreten Vorschlägen für die Fortschreibung der einschlägigen technischen Regelwerke der Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen (FGSV) ausgearbeitet.

Zudem werden die gewonnenen Erkenntnisse sowohl hinsichtlich einer für Lastenräder geeigneten Netzplanung als auch in Bezug auf geeignete Infrastrukturelemente und generelle sicherheitsrelevante Empfehlungen in einem praxisgerechten Leitfaden für Kommunen aufbereitet, um eine zeitnahe Hilfestellung für die kommunale Planungspraxis zu liefern und dementsprechend einen unmittelbaren Nutzen zu generieren.

 

Ergebnisse

Das Ergebnis des Forschungsprojekts zeigt, dass die bestehende Radinfrastruktur in vielen Bereichen bereits ausreichend ist, jedoch gezielte Anpassungen sinnvoll sein können. Besonders auf stark frequentierten Strecken oder in Konfliktbereichen sind Verbesserungen notwendig, um einen reibungslosen Verkehrsfluss zu gewährleisten. Der Leitfaden empfiehlt, kritische Abschnitte genau zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen. Eine zentrale Erkenntnis ist, dass Lastenräder durch häufige elektrische Unterstützung hohe Geschwindigkeiten erreichen und trotz ihres höheren Gewichts oft mit konventionellen Fahrrädern mithalten können. Zudem zeigt sich, dass Lastenräder in ihren Abmessungen stark variieren und nicht zwangsläufig größer als herkömmliche Fahrräder sind. Besonders in Wohngebieten, in der Nähe von Kindertagesstätten oder in Innenstädten ist eine hohe Nutzung von Lastenrädern durch Familien oder für den Warentransport zu beobachten, was spezifische infrastrukturelle Anforderungen nach sich zieht. Dabei wird deutlich, dass vor allem der steigende Bedarf an sicheren und gut erreichbaren Abstellmöglichkeiten berücksichtigt werden muss. Gleichzeitig besteht Forschungsbedarf hinsichtlich der Verträglichkeit mit dem Fußverkehr, da Lastenräder aufgrund ihrer Masse und Form bei Kollisionen ein höheres Verletzungsrisiko darstellen. Besonders das Abstellen auf Gehwegen kann zu Konflikten führen, weshalb verträgliche Lösungen, insbesondere für Lieferverkehre, entwickelt werden müssen. In diesem Zusammenhang ist auch die Integration des Lastenrads in bestehende verkehrsplanerische Regelwerke notwendig.

Detaillierte Empfehlungen und Planungsgrundlagen zur Integration von Lastenrädern in die städtische Infrastruktur sind im Leitfaden „Lastenräder im Straßenverkehr – Planungsleitfaden aus dem Projekt ENTLASTA“ zusammengefasst.

Leitfaden Lastenräder im Straßenverkehr

Im Forschungsgebiet liegt eine limitierte Anzahl der Leitfäden in gedruckter Form vor, die auf Anfrage zugeschickt werden können. Die Anfrage kann schriftlich unter info[at]svpt.de oder telefonisch unter +49 202 439 4088 erfolgen.

Weitere Informationen:

Das Projekt wird gemeinsam mit den Lehr- und Forschungsgebieten Güterverkehrsplanung und Transportlogistik bearbeitet.

Projektbeschreibung auf dem Fahrradportal des Nationalen Radverkehrsplans

Medieninformation der Universität Wuppertal