Fakultät für Architektur und Bauingenieurwesen

Sicherheitsbewertung von Maßnahmen zur Trennung des Gegenverkehrs in Mittelstreifen auf Bundesautobahnen

Kurzfassung

Bundesweit ereignen sich jährlich rund 17.000 Unfälle mit Personenschaden und schwerem Sachschaden mit Schutzplankenkontakten im Seitenraum sowie im Mittelstreifen von Autobahnen (Betrachtungszeitraum: 2004 bis 2006). Ein wesentliches Ziel der Untersuchung war es, Informationen über die Anzahl, die Charakteristik und die Folgen von Unfällen zu gewinnen, bei denen es zu einem Durchbrechen der Schutzeinrichtung im Mittelstreifen gekommen ist. Unter einem Durchbruch werden dabei Unfälle verstanden, bei denen das Fahrzeug bzw. Teile dessen oder Teile der Schutzeinrichtung auf die Gegenfahrbahn geraten sind oder ein Anprall auf Einrichtungen im Mittelstreifen (z. B. Schildermasten) stattgefunden hat. In den Jahren 2004 bis 2006 (Untersuchungszeitraum) haben sich rund 263 Durchbruchunfälle ereignet, was einem Durchschnitt von bundesweit etwa 88 Durchbruchunfällen pro Jahr entspricht.

Bei etwa 70 Durchbruchunfällen pro Jahr ist dabei ein schweres Fahrzeug durch die Mittelschutzeinrichtung gebrochen, in etwa 20 % der Fälle handelte es sich um Pkw. Somit sind etwa 0,5 % aller jährlich rund 17.000 Unfälle mit Schutzeinrichtungskontakt in Mittellage und rechts der Fahrbahn Unfälle, bei
denen die Schutzeinrichtung im Mittelstreifen durchbrochen wurde. Folglich handelt es sich bei Durchbruchunfällen (in Mittellage) um relativ seltene
Ereignisse.

Aus der Analyse der Durchbruchunfälle ging hervor, dass es sich um eine flächenhafte Verteilung der Durchbruchunfälle auf das Bundesgebiet handelt, während ein Zusammenhang zwischen dem (Schwer)verkehrsaufkommen und der Durchbruchunfalldichte hingegen nicht festgestellt werden konnte.

Bei rund 35 % der Durchbruchunfälle hat es sich um Alleinunfälle gehandelt. Etwa 75 % der Durchbrüche waren Unfälle mit einem Abkommen von der Fahrbahn - insgesamt 49,2 % mit einem Abkommen nach links und 25,8 % mit einem Abkommen zunächst einmal nach rechts, bevor dann die Schutzeinrichtung im Mittelstreifen durchbrochen wurde. Die meisten Unfälle haben sich ohne eine Kollision und in Folge eines Schleudervorgangs (rund 92 %) ereignet. Gab es eine Kollision, so hat diese zumeist vor dem Schutzeinrichtungskontakt stattgefunden.

Bei den betrachteten Durchbruchunfällen handelte es sich zumeist um Unfälle mit Leichtverletzten (rund 37 %), gefolgt von Unfällen mit schwerwiegenden Sachschäden (etwa 27 %), Unfällen mit Schwerverletzten (rund 26 %) und Unfällen mit getöteten Personen (26 Unfälle, was etwa 11% der Durchbruchunfälle entspricht). Sofern es sich um einen Unfall mit Getöteten gehandelt hat, kam jedoch meistens mehr als eine Person ums Leben, so dass bei einem Durchbruchunfall durchschnittlich rund acht bis neun Mal so viele Personen zu Tode kommen wie bei einem durchschnittlichen Unfall auf der BAB.

Ein weiteres Ziel der Arbeit war die Ableitung von Einsatzempfehlungen für Schutzeinrichtungen mit einem sehr hohen Aufhaltevermögen im Mittelstreifen
von BAB. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass in nur 42 (von 240) Fällen die Infrastruktur vermutlich im Zusammenhang mit dem Durchbruchunfall steht, was 17,5 % der Durchbruchunfälle entspricht. Hierbei handelt es sich ausnahmslos um Unfälle, bei denen ungünstige Witterungsverhältnisse (Nässe oder Glätte) in Kombination mit vermutlich nicht eingehaltenen Trassierungsparametern zum Unfall geführt haben.

Verglichen mit dem Gesamtunfallgeschehen auf Autobahnen haben sich überdurchschnittlich viele Durchbrüche in Abschnitten mit einem ausgeprägten
Gefälle oder ausgeprägter Steigung insbesondere auch dann, wenn das Gefälle in einer Kurve lag) sowie in Bereichen dreistreifiger Hauptfahrbahnen ereignet. Auffällig viele Durchbrüche wurden bei zu kurzen Ein- und Ausfahrten sowie an Ein-/Ausfahrten in Kombination mit noch einer weiteren, ?besonderen? Streckencharakteristik (z. B. Kurve oder Gefälle) beobachtet. Dabei muss jedoch
beachtet werden, dass die Häufigkeit solcher Stellen ohne Durchbruchunfälle nicht bekannt ist.

Insofern und unter der Voraussetzung, dass sich die Durchbruchunfälle flächenhaft verteilen, konnten pauschal anwendbare Einsatzempfehlungen nicht
abgeleitet werden. Dennoch sollte der Einsatz von Schutzeinrichtungen mit einem sehr hohen Aufhaltevermögen in Streckenabschnitten in Betracht gezogen werden, in denen es vermehrt zu Abkommensunfällen des Schwerverkehrs gekommen ist und bei denen die im Rahmen dieser Untersuchung als auffällig identifizierten, besonderen Charakteristika vorliegen. Hierbei gilt es zu berücksichtigen, dass auch Schutzeinrichtungen mit einem sehr
hohen Aufhaltevermögen Durchbruchunfälle nicht gänzlich verhindern können, was vier Durchbrüche an Betonschutzwänden im Untersuchungszeitraum gezeigt haben. Auch geht als Ergebnis der Untersuchung sowie der vorangegangenen Unfallanalyse und ?rekonstruktion mit einem Anprall an solche Systeme eine erhöhte Verletzungsgefahr der Fahrzeuginsassen einher, so dass ein flächendeckender Einsatz von steiferen Stahlschutzplanken sowie Betonschutzwänden nicht zielführend erscheint.

Weitere Infos über #UniWuppertal: